Die L(i)ebensgeschichte der Malerin Paula Becker und des Malers Otto Modersohn ist in der breiten Öffentlichkeit gemeinhin bekannt – vermeintlich. Denn wie der erstmals veröffentlichte Briefwechsel im Herbst 2017 offenbarte, war die Beziehung der beiden Kunstschaffenden in vielen Punkten tiefer und vielschichtiger, als gemeinhin angenommen.
Die Museen Böttcherstraße nutzen die Gelegenheit der Neuerscheinung, um die eigene hochkarätige Sammlung von Paula Modersohn-Becker – ergänzt durch zahlreiche Leihgaben aus öffentlichen und privaten Beständen – gemeinsam mit Werken ihres Ehemannes Otto Modersohn zu zeigen. In den insgesamt 80 Gemälden und Zeichnungen – darunter viele, bisher nie ausgestellte private Skizzen – offenbart sich, was auch zahlreiche Zitate verdeutlichen: Die Beziehung des Paares war auf allen Ebenen von großem Respekt und unermüdlichem Austausch geprägt; Otto Modersohn spielte eine maßgebliche Rolle bei der Förderung der heutigen „Pionierin der Moderne“ Paula Modersohn-Becker.
Viele Standpunkte und Perspektiven, die erst durch den Briefwechsel öffentlich wurden, sind auch noch nach heutigem Maßstab enorm modern und emanzipiert – und vor allem für die Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts außergewöhnlich. Ähnliche Themen ziehen sich sowohl durch die Ehe als auch durch das künstlerische Werk und strukturieren die Schau in insgesamt fünf Bereiche wie Landschaften, das gemeinsame Familienleben oder Worpswede. Und dennoch, bei aller Gleichheit, waren die Unterschiede zwischen Paula Modersohn-Becker und Otto Modersohn auf künstlerischer und persönlicher Ebene bisweilen so markant, dass sich ihre Wege an entscheidenden Stellen voneinander trennten.